Endlich fertig! Die Jacke ist gestrickt, die letzten Fäden sind vernäht, die Knöpfe befestigt - und jetzt direkt anziehen? Oder lieber doch noch einmal waschen?
Wir empfehlen in allen unseren Anleitungen, ein frisch gestricktes Stück nach der Fertigstellung noch einmal zu waschen, bevor es genutzt oder verschenkt wird. Warum wir das tun, ist vielen jedoch nicht bewusst. Aus Angst, das Stück könnte ausleiern, filzen oder durch die Wäsche direkt "gebraucht" aussehen, wird dieser Schritt oft weggelassen. Hier erklären wir euch, warum wir jedes Stück vor der Nutzung grundsätzlich waschen, und was es dabei zu beachten gibt.
Warum sollte man ein fertiges Strickstück waschen?
Hier gibt es viele Gründe. Wolle geht durch viele Hände, bevor sie verstrickt wird. Bei der Lagerung im Geschäft und daheim sammelt sie Staub und Schmutz und wird oft angefasst, befühlt und zurückgelegt. Beim Stricken kommen Schweiß und Fett von den Händen (von Kekskrümeln oder Kaffeespritzern wollen wir gar nicht sprechen...) hinzu. Gefärbte Garne enthalten oft auch überschüssige Farbe, die in der ersten Wäsche ausgespült wird - es fasziniert mich immer wieder, wie das Wasser nach der Wäsche aussieht! Das allein wäre für mich schon ein Grund, das Stück zu waschen, es geht aber noch weiter:
Ein kurzes Durchspülen mit Wasser entspannt die Fasern (deshalb wird die Wäsche von Stricksachen auch gerne als "Entspannungsbad" bezeichnet) und macht das Maschenbild deutlich gleichmäßiger. Manche Garne blühen in Wasser sogar regelrecht auf.
Besonders auffällig ist der Vorher-Nachher-Unterschied bei Lochmustern, die sich erst in der Wäsche richtig öffnen, und bei Elementen wie Knopfleisten, Volants oder den Abnahmen bei Mützen: Was vorher unregelmäßig und faltig war, kann durch eine sorgfältige Wäsche geglättet und in Form gelegt werden.
Für mich ist ein Strickstück deshalb nie fertig, bis es gewaschen wurde - erst dann hat es seine finale Form erreicht. Eine richtige Wäsche lässt es nicht benutzt oder alt aussehen, sondern gibt ihm erst den letzten Schliff. Früher oder später muss jedes Kleidungsstück sowieso einmal gewaschen werden - dann erledige ich die erste Wäsche lieber selbst, anstatt das Stück ungewaschen zu verschenken, damit sich die Beschenkten nicht später wundern, warum ihre Jacke nach einer Wäsche ganz anders aussieht als vorher.
Wie wäscht man Stricksachen richtig?
Zur richtigen Wäsche gibt es keine pauschale Antwort, die für alles gilt - jede Garnzusammensetzung hat ihre eigenen Voraussetzungen. Deshalb solltet ihr euch zuerst die Pflegehinweise auf der Banderole ansehen und euch im Zweifel strikt daran halten.
Einige Grundregeln gibt es jedoch: Je natürlicher die Faser ist, desto empfindlicher ist sie bei der Wäsche. Das gilt besonders für Seide, Kaschmir, Mohair oder Alpaka, aber auch für Merinogarne, die nicht superwash-behandelt sind. Diese Garne müssen laut Banderole grundsätzlich nur von Hand gewaschen werden - ein gutes Wollprogramm in der Waschmaschine ist in der Regel jedoch auch möglich. Was es dabei zu beachten gibt, erklären wir weiter unten.
Superwash-behandelte Wolle (viele Merinogarne und Mischungen mit Akryl) sollen dagegen lieber direkt in der Maschine gewaschen werden und halten auch ein normales Waschprogramm aus - achtet nur auf die empfohlene Temperatur auf der Banderole und schleudert die Stücke nur sanft an.
Handwäsche
Die meisten kleineren Stücke (Baby- und Kinderpullover, Mützen, Handschuhe etc.) waschen wir einfach im Waschbecken. So funktioniert das:
1. Schritt: Das Strickstück ist fertig gestrickt - alle Fäden sind vernäht, alle Knöpfe sind befestigt.
2. Schritt: Füllt zuerst das Waschbecken mit kaltem bis lauwarmem Wasser und gebt ggf. etwas Wollseife dazu (wenn ihr keine habt, tut es auch ein Schuss mildes Shampoo). Legt das Strickstück erst ins Wasser, wenn das Waschbecken gefüllt ist - manche feinen Garne reagieren empfindlich auf Temperaturschwankungen. Lasst das Stück dann einige Minuten im Wasser liegen. Drückt es zwischendurch sanft aus, damit es richtig nass wird.
3. Schritt: Nehmt das Stück vorsichtig aus dem Wasser. Achtung: Je größer das Stück ist, desto größer ist die Gefahr, dass es sich hier verzieht! Zieht einen Pullover also keinesfalls einfach an einem Ärmel aus dem Wasser, sondern nehmt ihn möglichst kompakt in die Hand. Drückt vorsichtig überschüssiges Wasser aus, wringt das Stück aber keinesfalls aus, auch dadurch kann es sich verziehen.
Legt es dann auf einem trockenen Handtuch in Form und rollt es einmal fest ein, dadurch saugt das Handtuch viel Feuchtigkeit auf.
4. Schritt: Rollt das Stück wieder aus. Legt es jetzt auf einem zweiten trockenen Handtuch sehr sorgfältig in Form. Achtet hier auf die Details: Legt es glatt hin, zieht die Knopfleiste und die Bündchen in Form, glättet die Mütze und die Ohrenbänder und so weiter - hier erhält das Stück seine finale Form, kleine Schönheitsfehler können jetzt noch ausgebessert werden. Lasst das Stück dann liegend trocknen - keinesfalls auf einem Kleiderbügel oder über die Heizung gehängt, dadurch kann es sich verziehen oder sichtbare Knicke bekommen. Lasst helle Stücke lieber nicht in der direkten Sonne trocknen, weiße Wolle kann in Sonnenlicht vergilben.
Fertig!
Wolle in der Waschmaschine waschen
Im Grunde genommen waschen wir jedes Garn in der Waschmaschine, auch empflindliche Garne wie Seide oder Mohair. Wir haben unsere Maschinen getestet und vertrauen den Wollprogrammen. Dabei gibt es einige wichtige Punkte: Achtet auf die Wassertemperatur. Wir waschen Wolle mit kaltem Wasser oder höchstens bei 20°C - empfindliche Garne können bei höheren Temperaturen filzen. Dabei nutzen wir spezielles Wollwaschmittel, da normales Waschpulver die Fasern beschädigen könnte - im Zweifel ist flüssiges Waschmittel besser als Waschpulver. Verwendet keinesfalls Weichspüler!
Achtet darauf, die Strickstücke nur wenig zu schleudern. Besonders große, schwere Pullover leiern schnell aus, deshalb schleudern wir bei höchstens 400 Umdrehungen pro Minute. Wenn ihr das Stück vorher in ein Wäschenetz packt, könnt ihr ggf. auch stärker schleudern, davon raten wir aber besonders bei Stücken mit Mohair ab, da sie im Netz schneller filzen können.
Mit diesen Hinweisen sollte die Wäsche in der Waschmaschine klappen - testet eure Maschine im Zweifel aber immer mit einem alten oder kleinen Stück, bevor ihr eure brandneuen Pullover darin wascht!
Wenn ihr das Stück (vorsichtig, damit sich nichts verzieht!) aus der Maschine genommen habt, lasst ihr es wie nach der Handwäsche sorgfältig in Form gelegt auf einem Handtuch liegend trocknen.
Darf Wolle in den Trockner?
Die kurze Antwort ist "eigentlich nicht" - sie kann schnell filzen, schrumpfen oder Knötchen kriegen. Manche Garne halten den Trockner besser aus als andere (und manche werden explizit als "trocknergeeignet" deklariert, z.B. Merino 100%, Merino Tweed oder Merino Sport von Katia), allgemein würden wir es aber vermeiden.
Wenn euch ein Stück, auch aus empfindlicher Wolle, in der Wäsche zu stark ausgeleiert ist, kann der Trockner aber helfen - legt das feuchte Stück mit einem Handtuch in den Trockner und lasst ihn bei niedriger Temperatur laufen. Kontrolliert immer wieder, damit das Stück nicht zu stark einläuft, bis es hoffentlich wieder die richtige Größe erreicht hat. Das funktioniert allerdings nicht mit jedem Garn und macht das Stück nicht schöner - das sollte also eher die letzte Rettung sein, bevor ihr das Stück entsorgt, und nur auf eigene Gefahr :)